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Aschendorff wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit verurteilt
Eingestellt am 13.09.2019

Der Klage des Betriebsrats wurde nach einer einstündigen, teils sehr hitzigen Verhandlung stattgegeben. Mit der Entscheidung des Gerichts wird die Geschäftsleitung des Verlages verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß gegenüber den im Betrieb beschäftigten Redakteuren und Betriebsratsmitglieder zu äußern, dass der Arbeitgeber einen Stellenabbau beginnen werde, wenn der Betriebsrat eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Arbeitszeit in der Redaktion gründet und dass der Arbeitgeber einen Stellenabbau beginnen werde, wenn der Betriebsrat eine Arbeitszeiterfassung in der Redaktion einführen wolle;
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen zu 1. bis 4. und für jeden Fall der erneuten Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld angedroht. Soweit der per Internet bekannt gegebene Tenor der Entscheidung des Gerichts.
Zum Hintergrund: Es finde ein regelrechtes Betriebsrats-Bashing im Betrieb statt, so die Anwältin des BR in der mündlichen Verhandlung. Mit mehrseitigen Schreiben der Geschäftsleitung (d.s. Dr. Eduard Hüffer und Dr. J. Benedikt Hüffer, in Personalunion auch IHK-Präsident Nord Westfalen) würde in der Belegschaft Stimmung gegen den gewerkschaftlich Betriebsrat gemacht, die Belegschaft regelrecht „aufgehetzt“. Auch dann schon, wenn dem Arbeitgeber noch gar nicht bekannt sein, was der BR eigentlich vorhabe und nur eine Arbeitsgruppe wolle, um die Beschäftigten einzubeziehen und alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. Etwa wenn es darum ginge, Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit zu entwickeln. Dadurch würden de facto starke Mitbestimmungsrechte des BR ausser Kraft gesetzt.
Auch auf mehrfache Nachfragen des Richters konnte der Anwalt die Arbeitgeberseite nicht plausibel erklären, welchen wirtschaftlichen Nachteil das Unternehmen dadurch hätte, wenn in der Redaktion die Arbeitszeiten aufgeschrieben würden. Das leuchte ihm nicht ein. Das würde an der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens überhaupt nichts ändern. Der Aschendorff-Anwalt Dr. Stephan Karlsfeld wiederholte gebetsmühlenartig: Die derzeit geltende Vertrauensarbeitszeit sei für den Arbeitgeber das einzig vorstellbare Modell für die Redaktion. Alles andere entspreche nicht dem Berufsbild der Redakteure und führe zu Qualitätsverlusten. Die Betriebsratsanwältin Dr. Cordula Kempf aus Dortmund konterte: „Die Arbeitszeiten in der Redaktion sind für Sie doch ein rotes Tuch“. Bei einer Mitarbeiterbefragung 2018 hatten 40 % der Redakteur*innen über eine zu hohe Arbeitsbelastung geklagt.
Der Richter Dr. Gerding wies darauf hin, dass trotz Vertrauensarbeitszeit das Arbeitszeitgesetz gelte, das auch eine Aufzeichnung von Überstunden vorschreibe. Mit der Androhung von Arbeitsplatzabbau würde der Betriebsrat in einem sehr frühen Stadium schon ausgebremst, ohne dass überhaupt Beratungen zu dem Thema stattgefunden hätten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine schriftliche Urteilsbegründung folgt. (Az.: 4 BV 5/19)
Foto: Frank Biermann
Foto: Frank Biermann